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Standard "Dekubitusprophylaxe: Mikrolagerung / Weichlagerung / Superweichlagerung"

Eigentlich sollte der Expertenstandard zur Dekubitusprophylaxe so eine Art Grundgesetz zur Vermeidung von Druckgeschwüren werden. In der Praxis jedoch ergeben sich viele Umsetzungsprobleme, insbesondere da  manch bewährtes Lagerungshilfsmittel "nicht mehr empfohlen" wird. Wir zeigen Ihnen, wie Sie mit den verbliebenen Techniken eine solide Lagerung ermöglichen.


Standard "Dekubitusprophylaxe: Mikrolagerung / Weichlagerung / Superweichlagerung"


Definition:

Das Prinzip der Weichlagerung basiert auf der Verteilung des einwirkenden Drucks auf eine möglichst große Fläche. Bei einer Weichlagerung sollte der Auflagedruck den Druck in den Kapillaren um nicht mehr als 30 mmHg überschreiten. Die Weichlagerung kann am gesamten Körper durchgeführt werden. Eine Superweichlagerung wird ermöglicht durch die Nutzung von sehr weichen Antidekubitusmatratzen oder einer herkömmlichen Matratze plus einer zweilagigen superweichen Kissenschicht. Ein Material ist dann als "superweich" definiert, wenn ein Stab mit 1 cm Durchmesser unter einem Druck von 250 g mindestens 3 bis 3,5 cm einsinkt. In Superweichmatratzen werden alle Bewegungsimpulse komplett geschluckt. Der Bewohner versinkt völlig in der Matratze und spürt seinen eigenen Körper zumeist nicht mehr. Wenn ein Bewohner auf einer solchen Matratze gelagert wird, ist es unverzichtbar, ihn zur Bewegung zu animieren oder alternativ passive Bewegungsübungen durchzuführen. Eine Mikrolagerung basiert auf dem Einsatz von kleinen Kissen oder alternativ weichen Tüchern, etwa Frotteehandtüchern. Diese werden zusammengefaltet und untergelegt. Die Position wechselt alle 30 Minuten von der rechten zur linken Gesäßhälfte, dann zur linken und rechten Schulter. Der Bewohner wird auf diese Weise sanft und druckentlastend bewegt. Als alleinige Maßnahme zur Prophylaxe und Behandlung eines Dekubitus ist diese Maßnahme unzureichend und muss um weitere Lagerungsmaßnahmen ergänzt werden. Die Mikrolagerung wird vor allem in der ambulanten Pflege eingesetzt, da diese Methode mit ein wenig Anleitung auch von pflegenden Angehörigen geleistet werden kann. In der stationären Pflege wird diese Maßnahme gerne in der Nacht durchgeführt, da dafür nur eine Pflegekraft notwendig ist.


Grundsätze:

  • Weichlagerung ist kein Ersatz für die regelmäßige Umlagerung des Bewohners. Insbesondere bietet die isolierte Nutzung von Wechseldruckmatratzen keinen ausreichenden Schutz.
  • Wir arbeiten eng mit dem Hausarzt zusammen. Alle Anordnungen werden präzise umgesetzt.

Ziele:

  • Das Gewebe wird uneingeschränkt mit Sauerstoff versorgt. Es kommt zu keinen Gewebeschäden in den gefährdeten Körperzonen.
  • Der Bewohner liegt bequem und schmerzfrei.
  • Der Bewohner wird in seiner Bewegungsfreiheit nicht unnötig eingeschränkt. Insbesondere wird eine Entfremdung des Bewohners von seinem eigenen Körper vermieden.
  • Der Bewohner wird aktiv in alle Maßnahmen zu seiner Gesunderhaltung einbezogen.

Vorbereitung:

Allgemeines

  • Unsere Mitarbeiter werden regelmäßig zu diesem Thema fortgebildet. Es steht stets aktuelle Fachliteratur bereit.
  • Einige unserer Mitarbeiter sind darüber hinaus zu Wundbeauftragten weitergebildet worden.
  • Es darf niemals auf schon bestehende Rötungen gelagert werden.
  • Das Bettlaken darf nur lose auf der Matratze liegen. Stecklaken, Krankenunterlagen oder Moltons dürfen nicht verwendet werden.

notwendiges Material für eine Weichlagerung

  • ein- oder dreiteilige Antidekubitusmatratze, etwa aus Spezialschaumstoff
  • Antidekubitusauflagen
  • Wechseldruckmatratzen
  • Federkissen
  • Stillkissen
  • echte Schaffelle (Achtung: deren Einsatz ist umstritten)
  • Gelkissen (Achtung: deren Einsatz ist umstritten)
  • ggf. Wasserbett (Achtung: deren Einsatz ist umstritten)

notwendiges Material für eine Superweichlagerung

  • 15 cm dicke Schaumstoffmatratze
  • spezielle Antidekubitusmatratze
  • Doppelschicht superweicher Kissen aufgelegt auf eine normale Matratze

notwendiges Material für eine Mikrolagerung

  • kleine Kissen oder alternativ weiches Tuch, etwa Frotteehandtuch

Indikation / Kontraindikation

  • Das Risiko des Bewohners wird eingeschätzt (gemäß des Standards "Dekubitusprophylaxe / Risikoeinschätzung")
  • Eine Weichlagerung ist ggf. bei verschiedenen Krankheitsbildern erforderlich:
    • Kachexie
    • starker Bewegungsmangel
    • Kreislaufinstabilität
    • [im Krankenhaus bei therapieindizierten Bewegungseinschränkungen etwa nach Verbrennungen oder ARDS ("Schocklunge", akutes Lungenversagen)]
  • Eine Superweichlagerung führen wir durch, wenn Bewohner hinreichend gefährdet sind, etwa bei völlig fehlender Eigenbewegung.
  • Bewohner mit vorhandener Eigenbewegung werden nicht superweich gelagert.
  • Gefährdete Bewohner werden sofort nach Risikoerkennung entsprechend weich gelagert. Keinesfalls dürfen von der Diagnose bis zu den Maßnahmen mehr als 12 Stunden vergehen.

Durchführung:

Lagerung (Beispiel)

Je nach Lage und Ausmaß der zu schützenden Körperregion wählen wir die passende Lagerungstechnik. Hier das Beispiel einer Hohllagerung mit fünf Kissen, die zum Schutz der Schulterblätter, Kreuzbeinregion, Fersen und Ellenbogen genutzt werden kann. Wir legen jeweils ein Kissen

  • unter den Kopf
  • unter das rechte und linke Schulterblatt
  • unterhalb des Kreuzbeins bis zu den Kniekehlen
  • von den Unterschenkeln bis zu den Fußknöcheln
  • aufgestellt zwischen die Füße und das Bettende
Der Bewohner wird regelmäßig umgelagert (gemäß Standard "Dekubitusprophylaxe: Umlagerung")

Korrekturmaßnahmen

Je nach verwendetem Lagerungshilfsmittel müssen verschiedene Faktoren berücksichtigt und ggf. korrigiert werden.

  • Bei lokal genutzten Schaumstoffelementen können die Kanten einen zu hohen Druck auf das Gewebe ausüben. Bei ihrer Nutzung ist also darauf zu achten, dass ein Niveauausgleich geschaffen wird. Zudem sollte auf einen Überzug verzichtet werden.
  • Die Schaumstoffmatratze wird mit einer feuchtigkeitsabweisenden Auflage sowie einem lose aufgelegten Bettlaken vor Verschmutzungen geschützt. Weitere Auflagen sind zu vermeiden, da sie die Druckentlastung mindern.
  • Bei Schaumstoffmatratzen ist darauf zu achten, dass diese je nach Modell nur bis zu einem bestimmten Körpergewicht nutzbar sind. Schaumstoffmatratzen unterliegen Alterungsprozessen und sind nur eine begrenzte Zeit nutzbar.
  • Bei kleinzelligen Wechseldruckmatratzen kann ggf. ein gegenteiliger Effekt eintreten, dass also lokale Hautbereiche unzureichend durchblutet werden. Bei großzelligen Wechseldruckmatratzen ist eine komplette Druckentlastung ganzer Regionen zumeist leichter erreichbar.
  • Dementiell veränderte Bewohner reagieren mitunter negativ auf Wasserbetten. Gründe dafür sind einerseits die ungewohnte Schaukelbewegung und andererseits die zusätzlich gestörte Körperwahrnehmung.
  • Der Bezug von Wasserbetten muss ggf. häufiger gewechselt werden, da die Matratze mit einem gummiartigen Kunststoff überzogen ist, der kaum Flüssigkeit aufnehmen kann.
  • Wasserbetten machen es zumeist möglich, die Umlagerungsintervalle spürbar zu verlängern. Allerdings muss auf eine lückenlose Kontrakturenprophylaxe geachtet werden.
  • Die Körperwahrnehmung wird regelmäßig überprüft. Schon nach kurzer Weichlagerung kann es passieren, dass der Bewohner seine Wahrnehmung reduziert. In der Folge wird auch die Restmobilität negativ beeinflusst.
  • Das Obermaterial von Gelkissen kann Falten werfen, insbesondere dann, wenn das Hilfsmittel schon längere Zeit in Benutzung ist. Das Kissen sollte dann nicht mehr genutzt werden.
  • Gelkissen sind sehr gut geeignet bei stark untergewichtigen Bewohnern, die über eine Restmobilität verfügen.
  • Künstliche Felle können Feuchtigkeit anstauen, da sie nicht atmungsaktiv sind. Sie sind für Lagerungen zumeist ungeeignet.
  • Federkissen sind für Lagerungen nur eingeschränkt geeignet, da unter Druck das Volumen und die Stabilität abnehmen. Die Position des gelagerten Körperteils kann sich verändern.
  • Bei Lagerungskissen müssen Pflegekräfte darauf achten, dass sie nur die notwendige Anzahl verwenden. Ansonsten besteht die Gefahr, dass der Bewohner "in Zement gegossen" wird, dass also seine verbleibende Restmobilität durch zu viele und zu eng anliegende Lagerungshilfsmittel neutralisiert wird.

ungeeignete Hilfsmittel

Aufgrund der nicht nachgewiesenen Wirksamkeit werden verschiedene Hilfsmittel nicht genutzt:

  • Gummi- und Luftringe
  • Watteverbände
  • Kunstfelle
  • Wasserkissen

Nachbereitung:

  • Die Wirksamkeit der Lagerung wird regelmäßig überprüft.
    • Fingerdrucktest
    • Äußerungen des Bewohners über etwaige Schmerzen und mangelnden Liegekomfort.
  • Wenn die Schädigung der Haut nicht abnimmt, wird weicher gelagert und/oder häufiger umgelagert. Es muss aber allen Pflegekräften bewusst sein, dass trotz bester Weichlagerung die Entstehung eines Dekubitus niemals ausgeschlossen werden kann.
  • Wenn der Hautzustand des Bewohners entsprechende Fortschritte zeigt, können die Umlagerungsintervalle Schritt für Schritt gesteigert werden.
  • Ggf. wird die Pflegeplanung angepasst.

Dokumente:

  • Wunddokumentation
  • Berichtsblatt
  • ärztliches Verordnungsblatt
  • Kommunikationsblatt mit dem Arzt
  • Pflegeplanung

Verantwortlichkeit / Qualifikation:

  • Pflegefachkräfte