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Pflegestandard "Wickeln eines Stumpfes"

Das Wickeln eines Beinstumpfes zählt zu jenen Pflegetechniken, deren Tücken sich erst auf den zweiten Blick zeigen. Vor allem die richtige Dosierung der Zugkraft beim Formen des Stumpfes erfordert viel Erfahrung.


Pflegestandard "Wickeln eines Stumpfes"


Definition:

    Arterielle Durchblutungsstörungen und verschiedene andere Krankheitsbilder können dazu führen, dass ein Unterschenkel amputiert werden muss. Nach dem Eingriff muss der Stumpf eine möglichst zylindrische Form erhalten, damit er später mit einer Prothese versorgt werden kann. Die Pflegekraft unterstützt diese Umformung durch die hier beschriebene Wickeltechnik. Entscheidend sind zumeist die ersten vier bis sechs Wochen. Der gesamte Prozess dauert aber mehrere Monate. Ggf. wird diese Therapie im weiteren Verlauf mit einem Kompressionsstrumpf kombiniert bzw. ersetzt. Dadurch lässt sich eine sehr gleichmäßige Kompression erreichen. Ein Kompressionsstrumpf wird vom Orthopädietechniker angepasst, sobald die Stumpfform für mindestens eine Woche konstant bleibt und die Wundheilung abgeschlossen ist.

Grundsätze:

    Das richtige Wickeln ist mitentscheidend für den Erfolg der Rehabilitation. Daher arbeiten wir eng mit dem behandelnden Arzt zusammen. Dieser entscheidet über die Gestaltung und die Intensität beim Wickeln. Wir kooperieren ebenso eng mit dem Orthopädietechniker, da je nach angestrebtem Prothesentyp eine abweichende Stumpfformung erforderlich ist. Wir vermeiden jede Form der Überversorgung. Insbesondere sollte der Bewohner die Wicklung selbst durchführen, wenn er dazu körperlich in der Lage ist. Wir sind uns bewusst, dass der Verlust eines Beines und die Schmerzbelastung den Bewohner psychologisch und seelisch massiv belasten. Es ist daher wichtig, im Umgang mit Betroffenen besonders einfühlsam und nachsichtig zu sein.

Ziele:

    Der Stumpf wird soweit geformt, dass die spätere Anpassung an die Unterschenkelprothese erleichtert wird. Die Schmerzbelastung insbesondere durch Phantomschmerzen wird auf ein Minimum reduziert. Kontrakturen werden vermieden. Der venöse und lymphatische Rückstrom wird unterstützt.

Vorbereitung:

Material:

Wir stellen das notwendige Material zusammen:

    elastische Kurzzugbinden (Die Bindenbreite sollte dem Stumpfdurchmesser entsprechen.) Pflaster Schlauchmull Hilfsmittel für eine Lagerung, also insbesondere ein Lagerungskissen

weitere Maßnahmen

    Die Pflegekraft desinfiziert die Arbeitsfläche. Sie legt das Material bereit und prüft es auf Vollständigkeit. In einem Doppelzimmer wird entweder ein Sichtschutz aufgebaut oder der Mitbewohner für die Zeit nach draußen gebeten. Der Bewohner wird über die anstehenden Maßnahmen informiert und um Zustimmung gebeten; dieses auch bei nicht ansprechbaren Bewohnern. Das Pflegebett wird auf eine angenehme Arbeitshöhe gebracht. Der Bewohner wird soweit entkleidet, dass der Stumpf gut zugänglich ist. Die Intimsphäre des Bewohners wird soweit wie möglich gewahrt. Der Bewohner wird auf dem Rücken oder in sitzender Position gelagert, sofern dieses möglich ist.
(Hinweis: Einige Pflegeexperten empfehlen, den Stumpf zu wickeln, während der Bewohner steht, da sich das Bein dann in der optimalen Streckstellung befindet. Dieses Vorgehen ist jedoch insbesondere hinsichtlich der Sturzgefahr in vielen Fällen zu riskant.)
    Wenn der Bewohner dazu in der Lage ist, sollte er den Amputationsstumpf eigenständig anheben. Ansonsten wird eine zweite Pflegekraft als Unterstützung hinzugezogen. Die Pflegekraft führt eine hygienische Händedesinfektion durch und zieht Einmalhandschuhe an. (Wenn die Wunde bereits vollständig verheilt ist, kann auf die Handschuhe i.d.R. verzichtet werden.) Der alte Verband wird entfernt. Die Pflegekraft inspiziert die Wunde bzw. den Wundverband. Relevant sind insbesondere eine Durchnässung oder Anzeichen für eine Entzündung. Ggf. werden die Wundauflage gewechselt und die Wunde gereinigt. Der Standard "Verbandswechsel bei septischen und aseptischen Wunden" wird beachtet.
  • Wenn der Stumpf bereits vollständig abgeheilt ist, wird dieser mit Hautpflegemitteln behandelt.

Durchführung:

 

    Die Pflegekraft führt die erste Tour um den Oberschenkel herum.

    Sie wickelt dann in Achtertouren über die Stumpfspitze. (Damit wird verhindert, dass es zu Abschnürungen kommt.)

  • Der Bindenzug ist an der Stumpfspitze am größten und reduziert sich, je weiter in Richtung Körpermitte gewickelt wird.

    Die letzte Tour wird oberhalb des Kniegelenks mit Pflasterstreifen fixiert. Das Knie selbst bleibt zunächst unbedeckt. (Zur optimalen Fixierung des Verbandes wird immer das nächst höhere noch vorhandene Gelenk mit eingebunden.)

    Über den Bindenverband wird nun ein Verband aus Schlauchmull / Trikotschlauch gestülpt.

Allgemeines:

    Wir fixieren nicht mit Pflastern auf der Haut, um diese zu schonen. Wir nutzen stattdessen Schlauchmull. Entscheidend für die Formung des Stumpfes ist der diagonale Zug. Zu großer Zug ist schädlich. Bei einer bestehenden peripheren arteriellen Verschlusskrankheit (pAVK) muss besonders auf die Durchblutungssituation geachtet werden. Ein zu starker Zug kann auch dazu führen, dass sich die Stumpfmuskulatur zurückbildet. Die Pflegekraft achtet darauf, den Stumpf konisch zu wickeln. Es werden keine zirkulären Verbände angelegt. Verschiedene Abschnitte des Stumpfes sind besonders empfindlich für Druckschäden; insbesondere Hautbereiche mit geringer Weichteildeckung oder Knochenvorsprünge. Diese werden ggf. durch Schaumgummi, unsterile Kompressen oder Rollenwatte geschützt, die wir in den Verband mit einwickeln.

Nachbereitung:

    Abfälle werden entsorgt. Alle benutzten Flächen werden desinfiziert. Der Bewohner wird nach dem Befinden und Schmerzen befragt. Ggf. erhält er ein Schmerzmittel, soweit ärztlich angeordnet. Der Bewohner wird bequem gelagert. Der Rufknopf wird in Reichweite des Bewohners abgelegt. Die Pflegekraft führt eine hygienische Händedesinfektion durch. Alle Maßnahmen und Beobachtungen werden sorgfältig dokumentiert. Ggf. wird die Pflegeplanung angepasst. Der Bestand an Verbrauchsmaterial wird überprüft und ggf. eine Nachbestellung eingeleitet bzw. der Arzt um ein Rezept gebeten.

Dokumente:

    Wunddokumentation Berichtsblatt ärztliches Verordnungsblatt Kommunikationsblatt mit dem Arzt Pflegeplanung

Verantwortlichkeit / Qualifikation:

    Pflegefachkräfte