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Pflegestandard "Verbandswechsel Dekubitus"

Immer bessere Wundauflagen erhöhen die Chance, selbst chronifizierte Hautdefekte zur Abheilung zu bringen. Gleichzeitig jedoch wecken diese vermeintlichen "Wundermittel" Begehrlichkeiten. Allzu schnell geraten Pflegekräfte in Erklärungsnöte, wenn sich ein Dekubitus wider Erwarten doch nicht erfolgreich therapieren lässt. Wir zeigen, wie eine moderne Wundversorgung funktioniert und wie sie im QM-Handbuch abgebildet werden muss.


Pflegestandard "Verbandswechsel Dekubitus"


Definition:

  • Ein Dekubitus ist eine Entzündung oder ein Geschwür auf der Haut. Er wird ausgelöst durch Druck und Reibung zwischen der Haut und einem darunter liegenden Knochen. In der Folge verschlechtert sich die Durchblutung, und Gewebe wird abgebaut.
  • Die Geschwüre werden in verschiedene Schweregrade eingeteilt.
    • 1. Stadium: Die Haut ist gerötet, aber äußerlich nicht geschädigt. Die gerötete Fläche ist nicht erwärmt und lässt sich nicht wegdrücken.
    • 2. Stadium: Eine Blasenbildung und Hautabschürfungen treten auf. Die Epidermis und die Dermis sind geschädigt. Wenn sich diese Hautschichten von der noch gesunden Haut ablösen, entsteht daraus ein leicht erkennbarer aber noch oberflächlicher Hautdefekt. Dieser kann stark nässen, ist infektionsanfällig und bereitet dem Bewohner große Schmerzen.
    • 3. Stadium: Alle Hautschichten sind geschädigt. Ein offenes, tiefes Geschwür ist entstanden. Sehnen, Muskeln und Bänder können sichtbar werden. Ein gelblicher Belag liegt auf Teilen der Wunde.
    • 4. Stadium: Das subkutane Fettgewebe ist zerstört, die direkt darunter befindliche Muskelmasse ist entzündet und geschwollen. Zusätzlich zu den Sehnen, Muskeln und Bändern sind nun auch die Knochen sichtbar. Eine Knochenmarkentzündung ist möglich. Nekrotisiertes Gewebe zeichnet sich als schwarze Fläche in der Wunde ab. Dessen Abbauprodukte können jederzeit zu einer lebensgefährlichen Sepsis führen. In tieferen Gewebeschichten können sich Taschen ausbilden.
  • Ein Verbandswechsel umfasst den Austausch und die Fixation von Wundauflagen sowie den Wechsel von Stütz- und Kompressionsverbänden. Die Durchführung, die Technik des Verbandswechsels und die verwendeten Materialien sind abhängig vom Wundtyp und dem Fortschritt der Wundheilung.
  • Der Verbandswechsel ist ein entscheidendes Element bei der Therapie von Wunden. Um die Wundheilung zu fördern, muss eine Wundinfektion als Folge einer Kontamination vermieden werden. Aus diesem Grund ist die Schaffung aseptischer Bedingungen notwendig.
  • Der Verlauf einer Wundheilung muss mittels einer lückenlosen Dokumentation nachvollziehbar sein.

Grundsätze:

  • Pflegekräfte dürfen Maßnahmen zur Wundreinigung nur dann durchführen, wenn sie entsprechend qualifiziert sind und eine Einweisung durch den Hausarzt durchgeführt wurde.
  • Wenn sich die Wunde in einem Maß verschlimmert, dass sie mit unseren pflegerischen Mitteln nicht mehr kontrolliert werden kann, wird der Bewohner in ein Krankenhaus überwiesen.

Ziele:

  • Die Wundheilung wird gefördert.
  • Die Wunde wird gereinigt.
  • Eine Wundinfektion wird vermieden.
  • Der Wundzustand wird erhoben und dokumentiert.

Vorbereitung:

Indikation

  • Der Arzt delegiert den Verbandswechsel an das Pflegepersonal. Die zentralen Vorgaben für eine Delegation sind:
    • die Art des Verbandes
    • die Häufigkeit des Verbandswechsels
    • die Wundauflage (feucht oder trocken)
    • der Umfang der vorzunehmenden Wundreinigung
  • Grundsätzlich gilt:
    • Ein Wundverband sollte stets so selten wie möglich gewechselt werden.
  • Zusätzlich kontrollieren und wechseln wir den Verband, wenn dieses unerwartet notwendig wird. Etwa:
    • Die Fixierung oder die Wundauflage werden beschädigt oder verschmutzt.
    • Der Verband verströmt einen üblen Geruch.
    • Sekret dringt durch den Verband.
    • Der Bewohner klagt über Schmerzen im Wundbereich.
    • Es kommt zu Rötungen oder Schwellungen. Der Bewohner entwickelt ein Ödem.
    • Der Bewohner bekommt Fieber. Eine Wundinfektion könnte dafür der Auslöser sein.
  • Hinweis: Wenn es hinreichende Anzeichen für eine Gesundheitsverschlechterung gibt, wird umgehend der Arzt informiert.

Material zur Wundversorgung:

  • Ringerlösung
  • Hautdesinfektionsmittel für die Hände
  • Wunddesinfektionsmittel (Octenisept)
  • sterile Saugkompressen
  • sterile Knopfkanüle
  • Spritze zum Spülen der Wunde
  • sterile Schere
  • 2 sterile Pinzetten
  • 2 Paar Einmalhandschuhe
  • jeweils benötigte Wundauflage (in diesem Standard Kalziumalginat Kompressen)
  • geeigneter Sekundärverband (Fixomull)
  • sterile Kompressen
  • Nierenschale
  • Abwurfbehälter

notwendige Informationen:

  • Die Pflegekraft stellt sicher, dass sie über alle Informationen verfügt, die sie für die Wundversorgung benötigt:
    • allgemeiner Gesundheitszustand
    • Allergien, etwa gegen Komponenten der Wundauflagen oder gegen Desinfektionsmittel
    • erstes Auftreten, Ursache und Entwicklung der Wunde
    • bisher eingesetzte Maßnahmen, Verbände und Wundauflagen sowie die damit erzielten Ergebnisse
    • bisher aufgetretene Komplikationen wie etwa Entzündungen
    • Schmerzbefinden des Bewohners

Organisation

  • Wir benennen einen Wundbeauftragten, der eine entsprechende Weiterbildung erhält.
  • Wir bilden unsere Fachkräfte regelmäßig zum Thema Wundversorgung fort und halten aktuelle Fachliteratur bereit.
  • Wir bitten ggf. den Hausarzt um eine Bedarfsmedikation zur Schmerzbehandlung.
  • Ggf. erhält der Bewohner 30 Minuten vor dem Verbandswechsel ein Schmerzmittel.
  • Falls möglich sollte eine zweite Pflegekraft beim Verbandswechsel assistieren.
  • In einem Doppelzimmer wird entweder ein Sichtschutz aufgebaut oder der Mitbewohner für die Zeit nach draußen gebeten.
  • Der Bewohner wird über die anstehenden Maßnahmen informiert und um Zustimmung gebeten; dieses auch bei nicht ansprechbaren Bewohnern.
  • Das Bett wird mit einer geeigneten Schutzauflage vor Durchfeuchtung geschützt.
  • Die Spüllösung wird auf Körpertemperatur erwärmt.
  • Der Bewohner wird bequem gelagert. Die betroffene Hautregion muss leicht zugänglich sein.
  • Behindernde Kleidung wird entfernt.
  • Die Wunde sollte der stärksten verfügbaren Lichtquelle zugewandt werden, also einer hellen Lampe oder dem Sonnenlicht.
  • Wichtig: Natürliches Licht und Licht aus Glühbirnen ist weiß. Licht aus Leuchtstoffröhren ist gelblich. Mit natürlichem Licht können farbliche Veränderungen der Wunde leichter und objektiver ermittelt werden.
  • Der Auszug des Nachtschrankes wird frei geräumt und desinfiziert. Er kann später als Ablagefläche genutzt werden etwa für die sterilen Einmalsets.
  • Die Pflegekraft legt Schutzkleidung an.
  • Die Pflegekraft führt eine hygienische Händedesinfektion durch.
  • Die Pflegekraft zieht 2 Paar unsterile Schutzhandschuhe übereinander an (bei den folgenden Grafiken zwecks besserer Visualisierung nicht dargestellt).

Durchführung:

Entfernen des alten Verbandes

  • Der Deckverband wird mit unsterilen Handschuhen entfernt. Die Pflegekraft achtet darauf, dass der Wundgrund und die umgebenden Hautareale nicht zusätzlich verletzt werden.
  • Wenn Verbände mit dem Wundgrund verkleben, dürfen diese nicht mit Krafteinsatz entfernt werden. Die Pflegekraft tränkt die Wunde stattdessen mit Ringer- oder Kochsalzlösung. Nach einiger Zeit ist der Verband soweit aufgeweicht, dass er sich schonend entfernen lässt. Dieses Befeuchten kann ggf. mehrfach wiederholt werden.
  • Überschüssige Lösung kann mit der anderen Hand und einer Kompresse aufgenommen werden.
  • Pflasterfixierungen werden vorsichtig an den Ecken abgehoben und dann von der Haut abgezogen. Dabei ist zu beachten, dass die Haut vieler Senioren extrem empfindlich ist (sog. "Pergamenthaut"). Schon das Abziehen eines Pflasters kann die oberen Hautschichten mit sich reißen. Wir prüfen den Einsatz von entsprechenden Pflasterlösungsmitteln.
  • Schmerzäußerungen des Bewohners sind für die Pflegekraft ein wichtiger Indikator. Wenn der Bewohner beim Verbandswechsel über Schmerzen klagt, ist dieses ein Hinweis, dass die Maßnahme nicht atraumatisch ist. In diesem Fall ist eine längere Einweichzeit der Ringer- oder Kochsalzlösung und des Verbandes notwendig.
  • Bevor der alte Verband samt kontaminierten Handschuhen im Abwurfbehälter entsorgt wird, inspiziert ihn die Pflegekraft. Die Exsudatmenge, dessen Farbe und Geruch geben wertvolle Informationen zum Fortschritt der Wundheilung. Daraus kann abgeleitet werden, ob der bisher genutzte Wundauflagentyp auch weiterhin geeignet ist.

Reinigung und Aufbringen der neuen Wundauflage / Wundbeobachtung und Dokumentation  

  • Die Pflegekraft arbeitet nun mit dem zweiten Paar Einmalhandschuhe weiter.

  • Mit einer sterilen Pinzette wird die alte Tamponade von Wundgrund abgehoben und im Abwurfbehälter entsorgt. Die Pinzette selbst wird dann im Instrumentenabwurf abgelegt.

  • Die Pflegekraft zieht Ringerlösung auf.

  • Wir nutzen eine sterile Knopfkanüle, um die erwärmte Ringerlösung in die Wunde einzubringen.
  • Die Spülung wird so lange fortgesetzt, bis die zurücklaufende Spüllösung klar ist und keine Rückstände der Wundtherapeutika mehr sichtbar sind.
  • Rücklaufende Spüllösung wird mit sterilen Kompressen aufgefangen.
  • Nach der erfolgten Spülung wird die Wunde genau inspiziert. Hier kann auch ggf. die Fotodokumentation durchgeführt werden. Mit Hilfe eines Maßbandes kann die Wundgröße bestimmt werden, mit einer Volumenmessung die Wundtiefe. Der Standard "Wundfotografie" wird beachtet.

  • Danach reinigt die Pflegekraft die Wundumgebung. Sie befeuchtet dafür eine sterile Kompresse mit dem Wunddesinfektionsmittel. Sie wischt von außen nach innen.
  • Ggf. schneidet sich die Pflegekraft die Wundauflage mit der sterilen Schere passend zurecht.
  • Dann nimmt sie eine zweite sterile Pinzette.

  • Die Pflegekraft tamponiert die Wunde mit Kalziumalginaten aus.

Abschluss der Versorgung

  • Die Pflegekraft bringt eine Saugkompresse auf die Wunde auf. Diese verhindert ein Durchnässen des Verbandes.
  • Der Sekundärverband wird aufgebracht. Dieser fixiert die Saugkompresse.

Nachbereitung:

  • Abfälle werden entsorgt. Spitze Gegenstände wie Kanülen müssen in fest umschlossenen Behältern entsorgt werden, um Stichverletzungen zu vermeiden.
  • Benutzte Instrumente werden entweder sofort nach der Nutzung in eine bereitgestellte Desinfektionslösung gelegt (sog. "Nassentsorgung"). Ideal dafür ist eine Instrumentenwanne. Oder falls Einmalinstrumente genutzt werden, werden diese im Müll entsorgt.
  • Alle benutzten Flächen werden desinfiziert.
  • Der Bewohner wird nach dem Befinden und Schmerzen befragt. Ggf. erhält er ein Schmerzmittel, soweit ärztlich angeordnet.
  • Der Bewohner wird bequem gelagert.
  • Der Rufknopf wird in Reichweite des Bewohners abgelegt.
  • Die Pflegekraft führt eine hygienische Händedesinfektion durch.
  • Die Schutzkleidung wird abgelegt und ggf. entsorgt.
  • Der Müll wird entsorgt. Insbesondere bei stark riechenden Abfällen sollte der Müllsack rasch entfernt werden.
  • Genutzte Ablageflächen werden ggf. desinfiziert.
  • Alle Maßnahmen und Beobachtungen werden sorgfältig dokumentiert.
  • Ggf. wird die Pflegeplanung angepasst.
  • Der Bestand an Verbrauchsmaterial wird überprüft und ggf. eine Nachbestellung eingeleitet bzw. der Arzt um ein Rezept gebeten.

Dokumente:

  • Wunddokumentation
  • Berichtsblatt
  • ärztliches Verordnungsblatt
  • Kommunikationsblatt mit dem Arzt
  • Pflegeplanung

Verantwortlichkeit / Qualifikation:

  • Pflegefachkraft