pqsg mobil
Start Index Impressum
Diese Seiten wurden für Smartphones optimiert. Für die PC-Version klicken Sie bitte hier.

Standard "Wundgeruch"

Wundgeruch wird als Pflegeproblem allzu häufig unterschätzt. Der oft unerträgliche Gestank erschwert nicht nur soziale Kontakte, sondern ist auch für viele Kachexien verantwortlich. Denn wer lässt sich schon das Mittagessen munden, wenn es unter der Tischplatte übelst riecht?


Standard "Wundgeruch"


Definition:

  • Eine häufige Folge von ausgedehnten Hautdefekten ist die Entstehung von Wundgeruch. Hauptursache sind Stoffwechselprodukte von Bakterien, die sich im Wundbereich ansiedeln. Auch Wundexsudat kann übel riechen, wenn es nicht zeitnah aus dem Wundbereich entfernt wird. In vielen Fällen sind auch Tumorwunden mit einer erheblichen Geruchsbelastung verbunden.
  • Wundgeruch als solcher ist nicht gesundheitsschädlich. Es ist dennoch wichtig, dass eine ursächliche Therapie erfolgt oder dass zumindest die Auswirkungen minimiert werden. Unterbleibt beides, ist mit nachteiligen Folgen für die Lebensqualität des Bewohners zu rechnen:
  • Viele Betroffene erleben den Geruch als Anzeichen eines fortschreitenden körperlichen Verfalls. Die Reaktionen darauf sind oftmals Hoffnungslosigkeit und depressive Phasen.
  • Ein weiteres Phänomen sind Körperbildstörungen. Der Betroffene blendet das übel riechende Körperglied als Bestandteil seines Körpers aus.
  • Zudem ist mit Belastungen für das soziale Leben zu rechnen. Für Angehörige, Freunde und Mitbewohner ist der Geruch häufig kaum zu ertragen. Insbesondere ist es Mitbewohnern nicht zuzumuten, dem Geruch etwa bei der Einnahme der Mahlzeiten ausgesetzt zu sein. Der Betroffene isst daher oft abseits; ggf. allein in seinem Zimmer.
  • Häufig ist der Gestank auch für den Betroffenen selbst unerträglich. Es kommt zu einem permanenten Übelkeitsgefühl samt reduziertem Appetit. Zwangsläufige Folge ist ein reduzierter Ernährungszustand letztlich bis zur Kachexie.
  • Wundgeruch darf nicht automatisch mit Wundinfektion gleichgesetzt werden. Nicht jede infizierte Wunde sondert Gestank ab. Und nicht jede unangenehm riechende Wunde ist infiziert. So ist z.B. eine gewisse Geruchsbelästigung bei der Anwendung einer hydrokolloiden Okklusionsbehandlung unvermeidlich.

Grundsätze:

  • Wundgeruch ist ein eigenständiges Pflegeproblem. Die Lebensqualität des Bewohners ist ein ebenso schützenswertes Gut wie die rein körperliche Gesunderhaltung.

Ziele:

  • Die auslösende Grunderkrankung wird therapiert. Ist dieses nicht oder nicht zeitnah möglich, erfolgt eine adäquate Reduktion des Wundgeruchs.
  • Das soziale Leben des Bewohners bleibt erhalten. Der Bewohner bewahrt sich seine Lebensfreude und Zuversicht.

Vorbereitung:

Organisation

  • Ein Bewohner mit übel riechenden Wunden erhält eine Bezugspflegekraft mit großer Erfahrung bei der Behandlung chronischer Wunden. Diese Mitarbeiterin sollte auch unter emotionalem Druck Einfühlungsvermögen zeigen und Humor bewahren.

Beratung

  • Wenn die Gefahr von sozialer Isolation besteht, suchen wir den Kontakt zu Freunden, Angehörigen und Mitbewohnern. Unter Beachtung der Schweigepflicht erläutern wir diesen in Grundzügen die medizinische Problematik. Wir verdeutlichen ihnen, wie wichtig die Erhaltung zwischenmenschlicher Bindungen auch für den Heilungsprozess ist.

Durchführung:

ursächliche Therapie

  • Sofern der Wundgeruch die Folge einer Wundinfektion ist, wird diese konsequent therapiert. Die im QM-Handbuch hinterlegten Standards sind zu beachten; insbesondere:
    • Standard "Vermeidung, Erkennung und Pflege von septischen Wunden"
    • Standard "Anwendung von Aktivkohle bei chronischen Wunden"
    • Standard "Anwendung silberhaltiger Wundauflagen"
  • Bei der Frage, ob eine Wunde ausgeschnitten oder ruhend belassen wird, sollte etwaiger Wundgeruch als ergänzendes Entscheidungskriterium herangezogen werden. Eine chirurgische Resektion des nekrotischen Gewebes beseitigt i.d.R. auch den Wundgeruch. Ggf. können alternative Therapieformen wie die Nutzung von Fliegenmaden das Symptombild verbessern.

Kommunikation

Es ist wichtig, dass das Vertrauen zwischen Bewohner und Pflegekraft erhalten bleibt. Dieses spiegelt sich auch in der Kommunikation wider:

  • Pflegekräfte achten auf ihre nonverbale Kommunikation; also insbesondere auf die Mimik während des Verbandswechsels.
  • Die Existenz und die Penetranz des Wundgeruchs werden durch die Pflegekraft weder geleugnet noch heruntergespielt. Die Glaubwürdigkeit der Pflegekraft würde geschädigt, wenn diese dem Bewohner wider besseres Wissen versichert, dass alles "halb so schlimm" wäre.

weitere Maßnahmen

Die Pflegestandards zum Verbandswechsel werden strikt beachtet. Ergänzend sind folgende Punkte zu berücksichtigen:

  • Das Zimmer des Bewohners wird in kürzeren Abständen gelüftet. Ggf. sollte das Bett des Bewohners in der Nähe des Fensters aufgestellt werden.
  • Wir stellen ggf. Schälchen mit ätherischen Ölen auf. Ggf. nutzen wir Kräuterkissen oder auch unkonventionelle Aromaträger wie Kaffeepulver. Handelsübliche Raumsprays oder Duftlampen überlagern den Geruch oftmals nur unzureichend.
  • Abfall, der beim Verbandswechsel anfällt, wird unverzüglich luftdicht verschlossen und aus dem Zimmer des Bewohners entfernt.
  • Wenn der Wundgeruch erstmals auftritt oder er sich in relevanter Weise verändert oder intensiviert, wird der behandelnde Arzt informiert. In keinem Fall ist Wundgeruch jedoch eine ausreichende Begründung für einen eigenmächtigen Therapieabbruch oder -wechsel.
  • Die Bettwäsche und die Kleidung des Bewohners werden in kürzeren Abständen gewechselt. Wir vermeiden damit, dass der Geruch von der Wunde in die Textilien übergeht und von dort konstant an die Raumluft abgegeben wird.
  • Chronische Wunden erschweren die tägliche Körperpflege. Wir stellen sicher, dass diese dennoch nicht vernachlässigt wird. Oftmals wird erst die Kombination aus Körpergeruch und Wundgeruch wirklich unerträglich.
  • Sofern dieses der Wundheilung nicht abträglich ist, werden Verbände in einem kürzeren Intervall erneuert.
  • Wir raten dem Bewohner dringend von "Hausmitteln" zur Reduktion von Wundgeruch ab. In keinen Fall erfolgt z.B. eine Wundbehandlung mit Honig.

Nachbereitung:

  • Der Zustand des Bewohners und insbesondere auch die Geruchsbelastung werden regelmäßig im Rahmen einer Fallbesprechung thematisiert.
  • Wirksame Maßnahmen zur Verminderung der Geruchsbelastung werden in der Pflegeplanung vermerkt.
  • Der Wundgeruch wird im Rahmen der Wunddokumentation schriftlich festgehalten. Bezeichnungen wie "faulig", "stechend", "süßlich" usw. sind zwar sehr subjektiv, werden mangels objektiver Bewertungsmaßstäbe aber dennoch genutzt.

Dokumente:

  • Wunddokumentation
  • ärztliches Verordnungsblatt
  • Kommunikationsblatt mit dem Arzt
  • Pflegeplanung

Verantwortlichkeit / Qualifikation:

  • Pflegefachkräfte