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Standard
"Pflege von Demenzpatienten mit Zahnschmerzen" (stationäre Pflege)
Aus Sicht eines Demenzpatienten ist ein Zahnarztbesuch
der blanke Horror. Grelles Licht, eine fremde Umgebung und dazu
vermummte Gestalten mit Folterinstrumenten in der Hand. Wer würde sich
da nicht mit Händen und Füßen wehren? Mit guter Vorbereitung können Sie
die Schmerz- und die Stressbelastung auf ein Minimum reduzieren.
Standard "Pflege von Demenzpatienten mit Zahnschmerzen" (stationäre Pflege)
Definition:
-
Demenzpatienten sind vergleichsweise häufig von
Zahnschmerzen betroffen. Dieses liegt vor allem am einsetzenden
Selbstversorgungsdefizit im Bereich der Mundhygiene. In der
Anfangsphase der demenziellen Erkrankung übersehen Pflegekräfte und
Angehörige diese Probleme leicht.
-
Betroffene vergessen das abendliche Zähneputzen
oder reinigen die Zähne nicht intensiv genug. Im weiteren Verlauf
verlieren Betroffene mehr und mehr die Fähigkeit zur selbstständigen
Mundhygiene. Sie nutzen Handcreme als Zahncreme oder begreifen die
Funktion einer Zahnbürste nicht mehr.
-
Betroffene vermeiden oft den Kontakt zum
Zahnarzt. Sie befürchten, dass sie den Termin vergessen oder den Weg in
die Praxis nicht mehr finden. Sie schämen sich wegen ihrer mentalen
Defizite und möchten diese - auch vor dem Arzt - verbergen.
-
Demenz führt häufig zu einer
Wahrnehmungsstörung. Die Schmerztoleranz ist höher. Der Betroffene
spürt die Beschwerden also erst, wenn die Zahnschädigung weit
fortgeschritten ist und die Schmerzbelastung dann unerträglich wird.
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Viele Senioren sind zudem nicht mehr in der
Lage, einen Schmerzreiz einer bestimmten Körperregion zuzuordnen. Sie
haben also Schmerzen, ohne jedoch zu spüren, dass diese von den Zähnen
ausgehen. Entsprechend ungenau sind die Gesten, wenn der Bewohner
aufgefordert wird, auf die schmerzende Stelle zu zeigen. Zahnschmerzen
werden z. B. als Kopfschmerzen fehlgedeutet. Der zahnärztliche
Therapiebeginn verzögert sich.
-
Dem Bewohner fehlt zumeist die Einsicht für die
Notwendigkeit des Zahnarztbesuches. Er nimmt deshalb oft eine
ablehnende Haltung ein.
-
Demenzpatienten sind bei Zahnärzten oft nicht
gerne gesehen. Die Behandlung ist sehr zeitaufwendig, ohne dass der
Mehraufwand vergütet wird. Viele Demenzpatienten schreien während der
Behandlung lauthals oder wollen aus dem Behandlungsstuhl flüchten. Die
im Wartezimmer sitzenden anderen Patienten werden dadurch verunsichert.
Grundsätze:
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Zahnschmerzen sind ein Notfall. Eine zeitnahe
ursächliche Therapie oder zumindest eine sofortige Schmerzbehandlung
sind selbstverständlich.
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Im Umgang mit dem Zahnarzt ist es unsere
Aufgabe, die Interessen des demenziell erkrankten Bewohners zu
vertreten.
Ziele:
-
Zahnschädigungen werden frühzeitig erkannt. Der
Bewohner wird zeitnah einem Zahnarzt vorgestellt.
-
Ein weiteres Fortschreiten der Zahnschädigung
wird gestoppt.
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Der mentale Stress sowie die Schmerzbelastung
beim Zahnarzttermin werden auf ein Minimum reduziert.
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Der Zahnarzt verfügt über alle Informationen,
die er für die Behandlung benötigt. Insbesondere werden
Wechselwirkungen der Lokalanästhetika mit anderen Medikamenten
vermieden.
Vorbereitung:
Symptome
-
Wir achten auf Verhaltensauffälligkeiten, die
auf Zahnschmerzen hindeuten:
-
Der Bewohner nimmt weniger Nahrung als üblich
zu sich.
-
Jede Nahrungsaufnahme wird verweigert. Der
Pflegebedürftige zeigt bei der Essenseingabe Abwehrverhalten.
-
Der Bewohner nimmt weniger Flüssigkeit zu
sich. Insbesondere weist er kalte Getränke zurück.
-
Der Bewohner jammert, weint oder stöhnt. Die
Mimik und die Gestik des Bewohners lassen auf Schmerz und Angst
schließen.
-
Bei der Mundhygiene ist der Bewohner nicht
mehr kooperativ. Er weigert sich, den Mund zu öffnen.
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Der Bewohner hat Mundgeruch.
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Es kommt zum sozialen Rückzug. Im Umgang mit
Mitbewohnern und Pflegekräften ist der Bewohner ungewohnt unfreundlich
oder sogar aggressiv.
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Der Bewohner zeigt motorische Unruhe oder
führt sitzend Schaukelbewegungen durch.
-
Wir prüfen, ob der Bewohner in der
Vergangenheit unter Zahnproblemen litt. Relevant sind insbesondere
folgende Krankheitsbilder:
-
Verletzung von Zahnfleisch, Zahnnerv oder
Kieferknochen
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operative Eingriffe im Mundraum in der
jüngeren Vergangenheit
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Karies (Zerstörung bzw. Auflösung der
Zahnsubstanz)
-
Pulpitis (Entzündung des Zahnmarks)
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Druckstellen, insbesondere als Folge von
schlecht sitzendem Zahnersatz
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Aphthen (Schädigung der Schleimhaut des
Zahnfleisches)
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lockere Zähne
Wahl des richtigen
Zahnarztes
-
Vor allem in Großstädten gibt es Zahnärzte, die
sich auf demenziell veränderte Patienten spezialisiert haben und
entsprechend fortgebildet sind. Das Praxispersonal plant für die
Behandlung mehr Zeit ein als bei mental gesunden Patienten.
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Gute Zahnärzte führen Hausbesuche durch.
Insbesondere Kontrollen können daher in der Einrichtung durchgeführt
werden.
Durchführung:
allgemeine Maßnahmen
-
Wir bitten bei Schmerzen um einen zeitnahen
Behandlungstermin.
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Falls eine rasche Behandlung nicht möglich ist,
wird zunächst die Schmerzbelastung reduziert. Den Vorzug dabei hat eine
nichtmedikamentöse Schmerzbehandlung, also etwa feucht-kalte Lappen
oder eingewickelte Kälteträger. Ggf. erhält der Bewohner Salbeitee und
Gewürznelken. Diese Hausmittel sind oft biografisch verankert, wirken
entzündungshemmend und schmerzlindernd.
-
Ist dieses nicht ausreichend, kontaktieren wir
den Hausarzt. Ggf. ist es möglich, die akuten Schmerzen durch ein
Analgetikum zu lindern. Die Applikation von Acetylsalicylsäure
(Alka-Seltzer, Aspirin, ASS usw.) ist ggf. nicht sinnvoll, da die
Blutgerinnung beeinträchtigt wird.
-
In vielen Fällen ist es nicht möglich, den
Bewohner soweit zu beruhigen, dass eine Behandlung durch den Zahnarzt
möglich ist. In diesen Fällen prüfen wir gemeinsam mit dem Hausarzt als
letzte Möglichkeit eine milde Sedierung für die Dauer des
Zahnarztbesuches.
-
Wir prüfen, ob der Bewohner hinsichtlich der
medizinischen Therapie unter Betreuung steht. In diesem Fall muss der
Betreuer (bzw. der Angehörige) etwaigen Behandlungsmaßnahmen per
Einverständniserklärung zustimmen.
Begleitung während
der Behandlung
-
Wir stellen sicher, dass dem Zahnarzt alle
relevanten Medikamentenanordnungen sowie die bekannten Diagnosen
mitgeteilt werden.
-
Wir bitten nahestehende Angehörige, dass diese
den Bewohner zum Zahnarzt begleiten. Sie können dort ggf. beruhigend
auf den Bewohner einwirken. Ist dieses nicht möglich, sollte die
Bezugspflegekraft den Senioren begleiten.
-
Bewohner im mittelgradigen Demenzstadium werden
schnell unruhig und können nicht längere Zeit im Wartezimmer bleiben.
Wir machen das Praxispersonal darauf aufmerksam und bitten um eine
rasche Versorgung.
-
Vor der Behandlung sollte der Bewohner ggf.
eine Toilette aufsuchen. Dieses insbesondere bei Inkontinenz.
-
Wir machen den Zahnarzt auf Faktoren
aufmerksam, die den Bewohner beunruhigen könnten.
-
I. d. R. ist eine Lokalanästhesie sinnvoll,
da demente Bewohner keinen minutenlangen Schmerz beim Bohren
akzeptieren werden.
-
Der Zahnarzt muss stets damit rechnen, dass
demente Bewohner zubeißen werden. Entsprechende Sicherungsmaßnahmen
sind unverzichtbar.
-
Viele Bewohner reagieren panisch auf
blendendes Licht. Der Arzt muss daher die Lichtintensität langsam
erhöhen und dem Bewohner die Funktion der OP-Leuchte erklären.
-
Bevor der Arzt Mundschutz und Handschuhe
anlegt, muss er dem Bewohner die Notwendigkeit dafür erläutern.
Ansonsten kann sich der Bewohner bedroht fühlen und entsprechend
reagieren.
-
Falls Abdrücke notwendig sind, muss zuvor i.
d. R. beruhigend auf den Bewohner eingewirkt werden.
-
Um die Kooperationsbereitschaft zu erhöhen,
müssen dem Bewohner die Behandlungsschritte in einfachen Worten
verdeutlicht werden.
-
Bei jedem Gespräch mit einem dementen
Patienten ist direkter Blickkontakt wichtig. Der Arzt sollte sich auf
gleicher Augenhöhe befinden, damit er die Mimik des Gesprächspartners
gut erkennen kann. Mit positiven Gesten oder einem Lächeln kann der
Zahnarzt dem Patienten ein Gefühl von Nähe und Sicherheit vermitteln.
-
Wir bitten den Zahnarzt um die Bereitstellung
einer Bedarfsmedikation, falls der Bewohner in den folgenden Stunden
unter starken Zahnschmerzen leiden sollte.
Nachbereitung:
nach der ärztlichen
Behandlung
-
Wir beachten, dass nach einer zahnärztlichen
Behandlung die Sturzgefahr erhöht sein kann.
-
Wir stellen sicher, dass der Bewohner in
ruhiger und entspannter Atmosphäre wieder zur Ruhe kommen kann.
-
Nach einer schmerzhaften Zahnarztbehandlung ist
mit plötzlichen Aggressionsschüben zu rechnen. Diese können sich auch
gegen völlig unbeteiligte Dritte richten.
-
Wir stellen sicher, dass der Bewohner die vom
Zahnarzt vorgegebene Nahrungspause einhält. Danach erhält der Bewohner
(falls notwendig) bevorzugt weiche Nahrung wie Brei oder Suppe.
-
Die Vitalwerte werden in den folgenden Tagen
vermehrt ermittelt. Relevant sind insbesondere der Blutdruck, der Puls
sowie die Körpertemperatur.
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Wir achten auf Komplikationen, die nach einer
Zahnbehandlung auftreten können. Dazu zählen etwa Blutungen im Mundraum
oder Schwellungen, die auch nach mehreren Tagen nicht abklingen.
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Wir prüfen, ob der Bewohner lieber in Ruhe
gelassen werden möchte oder ob der Bewohner nach menschlicher Zuwendung
sucht.
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Wir prüfen, ob die Pflegeplanung aktualisiert
werden muss. Oftmals ist es erforderlich, das Maß an Unterstützung im
Bereich der Mund- und Zahnpflege zu erhöhen.
Dokumente:
-
Pflegebericht
-
Fragen an den Arzt
-
Pflegeplanung
Verantwortlichkeit
/ Qualifikation:
|