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Standard "Zystitisprophylaxe"

Von Inkontinenz über Immobilität bis zur geschwächten Immunabwehr - praktisch alle primären Risikofaktoren für Harnblasenentzündungen sind bei pflegebedürftigen Senioren zu finden. Daher sollte die Zystitisprophylaxe innerhalb des Pflegeteams standardisiert werden.


Standard "Zystitisprophylaxe“


Definition:

  • Eine Zystitis ist eine akute Entzündung der Harnblase. Betroffene klagen über Schmerzen und erhöhten Harndrang.
  • Bis zum 65. Lebensjahr haben Frauen bedingt durch die kürzere Harnröhre ein höheres Erkrankungsrisiko als Männer. Erst im Seniorenalter gleicht sich das Erkrankungsrisiko an, da viele Männer an einer Prostatavergrößerung erkranken. Die dadurch ausgelösten Abflussstörungen im Bereich der Harnwege begünstigen die Entwicklung einer Zystitis.
  • Die Entzündung verläuft zumeist aufsteigend, also von der Harnröhre kommend. Die Krankheitserreger sind fast immer Darmbakterien, vor allem Escherichia coli. Auslösen können diese Krankheit aber auch Staphylokokken, Streptokokken, Chlamydien, Gonokokken oder Mykobakterien.

Grundsätze:

  • Obwohl die Harnblasenentzündung keine lebensgefährliche Krankheit ist, nehmen wir diese Infektion sehr ernst und versuchen stets, unsere Bewohner zu schützen.
  • Wir arbeiten eng mit dem Hausarzt zusammen.
  • Alle Maßnahmen zur Zystitisprophylaxe bedürfen der Zustimmung durch den Bewohner bzw. durch dessen Betreuer.
  • Die Information der Bewohner über Fragen der Intimhygiene ist unverzichtbar. Mit Rücksicht auf das Schamgefühl der zumeist älteren Menschen sollten Pflegekräfte bei diesem Thema stets taktvoll vorgehen.
  • Nach Möglichkeit sollten nur Bezugspflegekräfte die Intimpflege durchführen.
  • Alle Hygienestandards werden sorgfältig befolgt.

Ziele:

  • Eine Harnblasenentzündung wird vermieden.
  • Eine Ausbreitung der Krankheit in Richtung der Nieren wird verhindert.
  • Das Schamgefühl der Bewohner wird respektiert.
  • Unsere Bewohner fühlen sich möglichst sicher vor Harnblasenentzündungen.
  • Der Bewohner kennt Risikofaktoren und Prophylaxemaßnahmen.
  • Der Bewohner ist in der Lage, seine Blase schmerzfrei zu entleeren.

Vorbereitung:

Organisation

  • Unsere Mitarbeiter werden regelmäßig zum Thema Blasenentzündung und Zystitisprophylaxe fortgebildet.
  • Wir halten stets aktuelle Fachliteratur zu diesem Themenbereich bereit.
  • Zur Prophylaxe von katheterassoziierten Harnwegsinfektionen wird die Anwendung von Kathetern durch Standards vereinheitlicht. Zentrales Element dieser Handlungsleitlinien sind die erforderlichen Hygienemaßnahmen.
  • Die Maßnahmen zur Erkennung und zur Behandlung einer Infektion werden im Standard "Pflege von Bewohnern mit Harnwegsinfektionen" zusammengefasst.

Risikoerfassung

Wir prüfen bei jedem Bewohner, wie groß das individuelle Erkrankungsrisiko ist. Begünstigend wirken sich insbesondere folgende Faktoren aus:

  • Harn- und Stuhlinkontinenz
  • Diabetes mellitus
  • sexuelle Aktivität (sog. "Flitterwochen-Zystitis" oder "Honeymoon-Zystitis")
  • gynäkologische oder urologische Erkrankungen, die eine Abflussbehinderung oder Entleerungsstörung verursachen (Insbesondere eine Vergrößerung der Prostata sowie eine Senkung der Blase, der Vagina oder der Gebärmutter können zur Bildung von Restharn führen.)
  • Abflusshindernisse im Bereich der Harnwege, etwa durch Steine oder Missbildungen
  • künstliche Harnableitung, insbesondere durch einen transurethralen Blasenverweilkatheter
  • Östrogenmangel bei Seniorinnen
  • Kälte, Nässe bei unangepasster Bekleidung
  • mentaler Stress
  • unzureichende oder falsche Intimhygiene
  • Erkrankungen, die zu einer Schwächung des Immunsystems führen
  • Missbrauch von Schmerzmitteln, Nebenwirkungen einer Kortisontherapie
  • mangelhafte Flüssigkeitsaufnahme

Durchführung:

Körperpflege

  • Handtücher und Waschlappen werden jeden Tag gewechselt. Der Bewohner sollte für den Intimbereich einen eigenen Waschlappen und ein separates Handtuch nutzen.
  • Bewohner sollten auf Intimsprays und aggressive Reinigungsmittel verzichten.
  • Der Bewohner sollte die Nutzung von Seife vermeiden und stattdessen pH-neutrale Syndets für die Körperpflege einsetzen.
  • Wenn Bewohner in der Lage sind, selbständig ein Bidet oder eine Handbrause für die Reinigung des Intimbereiches zu nutzen, kann ein Verzicht auf die Nutzung von Seife geprüft werden. Sehr anfällige Bewohnerinnen sollten ggf. kein Bidet zur Analhygiene verwenden.
  • Der Bewohner soll auf lange Vollbäder verzichten.

Kleidung / Vermeidung von Kälteeinwirkung:

  • Jede Kälteeinwirkung auf den Unterkörper sollte unterbleiben. Dazu zählen etwa das Sitzen auf ungepolsterten Bänken, das Barfußgehen auf kalten Bodenbelägen oder das Tragen durchfeuchteter Unterwäsche. Warme Bekleidung am Unterleib erhöht den Schutz vor einer Blasenentzündung.
  • Wir empfehlen jedem Bewohner, auch in seinem Zimmer warme Hausschuhe zu tragen.
  • Bewohner können, wenn sie dieses wünschen, auch im Bett warme Strümpfe tragen. Ggf. nutzen wir zum Wärmen der Füße ein geeignetes Fell.
  • Synthetische Textilien sollten durch natürliche Stoffe ersetzt werden. Ideal ist kochfeste Baumwolle, da dieses Material eine gute Wärmeregulation sicherstellt. Zudem können keine feuchten Kammern entstehen, in denen sich die Keime vermehren.
  • Wir achten darauf, dass auch selbstständige Bewohner die Unterwäsche jeden Tag wechseln.
  • Die Kleidung im Intimbereich sollte ausreichend weit geschnitten sein. Enge Kleidung führt zu einer feuchten und warmen Umgebung, in der sich Keime ausbreiten können.
  • Wenn Bewohner ein Schwimm- oder Freibad aufsuchen, sollten sie die Schwimmkleidung nach Verlassen des Beckens möglichst schnell wechseln.

Ernährung

  • Wir animieren unsere Bewohner dazu ausreichend zu trinken. Wir streben eine Mindesttrinkmenge von zwei Litern an. Etwaige Kontraindikationen wie etwa Herzinsuffizienz werden beachtet. Ggf. führen wir Ein- und Ausfuhrprotokolle.
  • Wir prüfen, ob sich das Risiko durch den Genuss von Cranberry-Säften reduzieren lässt. Diese nordamerikanische Verwandte unserer Preiselbeere erschwert die Besiedelung der Schleimhaut mit Bakterien.
  • Wir empfehlen die Verwendung von harntreibenden Tees (Blasen- und Nierentees).
  • Wenn der Bewohner aufgrund seines Gesundheitszustands zu einer eigenständigen Flüssigkeitsaufnahme nicht mehr in der Lage ist, erhält er von uns die notwendige Unterstützung.

Wasser lassen und abführen

  • Inkontinenzmittel werden konsequent gewechselt. Anschließend erfolgt eine Waschung des Genitalbereiches.
  • Beim Wasser lassen ist es wichtig, die Blase ganz zu entleeren. Vorgebeugtes Sitzen auf der Toilette verhindert oft eine vollständige Entleerung der Blase. Der Bewohner sollte auf den Einsatz der Bauchpresse verzichten.
  • Bewohner sollten es zur täglichen Praxis machen, sehr regelmäßig die Toilette aufzusuchen. Ideal sind vier bis sechs Toilettengänge pro Tag.
  • Wenn Harndrang spürbar wird, sollte diesem unverzüglich nachgegeben werden. Anderenfalls besteht die Gefahr, dass die Urinansammlung in der Blase die Vermehrung von Krankheitskeimen fördert. Wir ermuntern den Bewohner, ggf. Hilfe beim Toilettengang anzunehmen.
  • Um dem Bewohner einen unverzüglichen Toilettengang zu ermöglichen, stellen wir die Mobilitätshilfsmittel in Reichweite (Gehgestell, Gehwagen, Gehstock usw.).
  • Ggf. führen wir ein Toilettentraining durch. Dazu zählen insbesondere Übungen zur Beckenboden-Gymnastik.
  • Ggf. prüfen wir den pH-Wert des Urins.
  • Wir verwenden nach Möglichkeit angewärmte Steckbecken.
  • Nach dem Stuhlgang sollte der Analbereich stets "von vorne nach hinten" gereinigt werden, also vom Schambein ausgehend zum Anus.

Beratung von sexuell aktiven Bewohnerinnen:

  • Wir raten Bewohnerinnen davon ab, Analverkehr und anschließend Vaginalverkehr durchzuführen.
  • Wir raten zur Verwendung von Kondomen. Falls sich der Bewohner schämt, können diese von Pflegekräften gekauft werden.
  • Das Wasserlassen unmittelbar nach dem Geschlechtsverkehr spült die Harnröhre aus und entfernt übertragene Bakterien. Die Bewohnerin sollte daher vor dem Geschlechtsverkehr nicht die Toilette aufsuchen.
  • Wir empfehlen beiden Sexualpartnern, vor dem Geschlechtsverkehr die Intimregion sorgfältig abzuduschen.
  • Falls notwendig kann das Infektionsrisiko nach dem Geschlechtsverkehr durch geeignete Medikamente reduziert werden (sog. "postkoitale Prophylaxe"). Wir ermuntern die Bewohnerin, dafür den Hausarzt aufzusuchen.

Nachbereitung:

  • Wenn der Verdacht auf eine Infektion besteht, werden umgehend die Pflegedienstleitung und der behandelnde Hausarzt informiert.
  • Alle Leistungen und Beobachtungen werden dokumentiert.
  • Ggf. wird die Pflegeplanung aktualisiert.

Dokumente:

  • Durchführungsnachweis
  • Berichtsblatt
  • Vitalzeichenkontrollblatt
  • Ein- und Ausfuhrprotokoll

Verantwortlichkeit / Qualifikation:

  • alle Pflegekräfte