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Notfallstandard
"Vergiftung mit Sedativa"
17 Prozent aller ambulant versorgten
Senioren erhalten Tranquilizer oder ähnliche Psychopharmaka. In
stationären Einrichtungen steigt dieser Wert auf 70 Prozent.
Angesichts solch imposanter Medikamentenmengen ist es sinnvoll,
sich frühzeitig auf Überdosierungen und Vergiftungen
vorzubereiten. Wir haben einen kompakten Standard für Sie
vorbereitet.
Notfallstandard
"Vergiftung mit Sedativa"
Definition:
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Mehr als die Hälfte aller
Medikamentenvergiftungen sind die Folge einer Überdosierung von
Schlafmitteln und Sedativa. Sehr häufig sind Bewohner betroffen, die
Benzodiazepine einnehmen.
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Die eigenständige Medikamenteneinnahme ist
Bestandteil einer selbstbestimmten Lebensführung und Teil unseres
Konzepts der aktivierenden Pflege. Viele Krankheitsbilder machen es
jedoch erforderlich, dass wir bei der Medikamenteneinnahme stärker
assistierend und kontrollierend eingreifen. So konsumieren
Demenzpatienten häufig eine doppelte oder dreifache Tagesdosis, da
sie den Überblick über die regelmäßige Einnahme verloren haben.
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Andere Betroffene lehnen die Einnahme von
Psychopharmaka ab, etwa aus Angst vor den Nebenwirkungen. Oftmals
täuschen sie die Einnahme nur vor und horten die vermeintlich
eingenommenen Medikamente; dieses etwa als Vorbereitung für einen
Suizid.
Grundsätze:
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Wenn hinreichende Anzeichen für eine
Vergiftung sprechen, wird immer ein Notarzt gerufen. Die Folgen
eines oder ggf. auch mehrerer Fehlalarme wiegen weniger schwer als
eine verzögerte Behandlung bei einem echten Notfall.
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Der Notruf erfolgt auch dann, wenn der
Bewohner diesen nicht wünscht, etwa weil er die Gefährdung nicht
korrekt einschätzt.
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Bei einer Vergiftung geht es zwar um Minuten,
dennoch dürfen Maßnahmen nicht überhastet werden.
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Die schriftliche Patientenverfügung wird
beachtet, insbesondere bei einer Reanimation.
Ziele:
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Eine Vergiftung wird frühzeitig bemerkt.
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Durch eine zeitnahe Behandlung wird das Leben
des Bewohners geschützt.
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Der Vorfall wird analysiert. Durch geeignete
Vorsichtsmaßnahmen werden weitere Vergiftungen vermieden.
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Das Selbstbestimmungsrecht des Bewohners
bleibt so weit wie irgend möglich erhalten.
Vorbereitung:
Wir achten auf Symptome,
die für eine Sedativa-Vergiftung sprechen:
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leichte Vergiftung:
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Verwirrtheit
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Schläfrigkeit (Somnolenz)
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Gang- und Bewegungsstörungen (Ataxie)
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undeutliches Sprechen (Dysarthrie)
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Blutdruckabfall
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Muskelschwäche
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schwere Vergiftung, insbesondere zentrale
Verminderung der Herz-Kreislauf- und Atemfunktionen, also
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blau-rote Färbung von Haut und
Schleimhaut (Zyanose)
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Bewusstlosigkeit bis hin zum
Atemstillstand
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Herzstillstand
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Hinweis:
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Das Symptombild kann durch
Erregungszustände oder Krämpfe überlagert werden.
Durchführung:
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Die Pflegekraft löst über die Rufanlage Alarm
aus und ruft weitere Kollegen herbei.
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Eine Pflegekraft alarmiert den Notarzt.
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Eine Pflegekraft bleibt permanent beim
Bewohner. Der Bewohner wird (soweit möglich) beruhigt.
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Wir befragen den Bewohner. Ggf. kann er
Angaben zur Ursache machen.
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Bei Herz-Kreislauf-Stillstand wird der
Bewohner sofort reanimiert. Die Reanimation wird fortgesetzt, bis
der Notarzt eingetroffen ist oder das Herz des Bewohners wieder
schlägt.
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Es ist damit zu rechnen, dass sich der
Bewohner übergibt. In diesem Fall müssen die Atemwege umgehend
wieder freigemacht werden. Hinweis: Ein Erbrechen ist in diesen
Fällen oft hilfreich, da es den Mageninhalt samt eines großen Teils
des Medikaments entleert.
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Der Bewohner wird ggf. zugedeckt, um ein
Auskühlen zu vermeiden.
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Wir suchen das Zimmer des Bewohners nach
leeren Tablettenröhrchen u.Ä. ab, um weitere Informationen über das
auslösende Medikament und über die mögliche Dosis zu erfahren.
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Wir stellen weitere Informationen für den
Notarzt zusammen, die bei der weiteren Behandlung relevant sein
können. Insbesondere
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Anwendung von Antihistaminika
(Arzneimittel z.B. zur Behandlung von Allergien oder
Erkältungen)
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Anwendung von Cimetidin oder Omeprazol
(Arzneimittel zur Behandlung von z.B. Magengeschwüren)
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Anwendung von Disulfiram (Arzneimittel
zur Alkoholentzugsbehandlung)
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Anwendung von Theophyllin (in
Arzneimitteln zur Behandlung von Asthma)
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Anwendung von Levodopa (Arzneimittel zur
Behandlung der Parkinsonschen Erkrankung)
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Anwendung von Phenobarbital und Phenytoin
(Arzneimittel zur Behandlung von Anfallsleiden)
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Alkohol- oder Drogenmissbrauch
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hirnorganische Veränderungen
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Kreislauf- und Atmungsschwäche (chronisch
obstruktive Ateminsuffizienz)
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eingeschränkte Nieren- oder Leberfunktion
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Bei Ankunft des Rettungstransportwagen und
des Notarztes wird der Arzt ausführlich eingewiesen.
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Die Dokumente werden übergeben.
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Alle weiteren im Standard
"Krankenhauseinweisung" beschriebenen Maßnahmen werden umgesetzt.
Nachbereitung:
nach Abfahrt des Bewohners im
Rettungstransportwagen
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Das Ereignis wird sorgfältig dokumentiert.
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Die Pflegedienstleitung und die Heimleitung
werden (sofern noch nicht geschehen) informiert.
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Ggf. werden die Angehörigen informiert.
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Im Rahmen einer Fallbesprechung wird das
Ereignis im Team diskutiert. Wir prüfen, ob es in Zukunft notwendig
ist, dass die Medikamentenversorgung ganz oder teilweise von den
Pflegekräften übernommen und überwacht wird.
weitere Maßnahmen
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Nach der Rückkehr des Bewohners wird der
Hautstatus genau überprüft. Nach Barbituratvergiftungen entwickeln
sich häufig großflächige Hautblasen und Hautnekrosen. Diese befinden
sich vor allem an Körperbereichen, die einem hohen Auflagedruck
ausgesetzt sind. Wir intensivieren daher die Maßnahmen im Rahmen der
Dekubitusprophylaxe.
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Wir prüfen, ob alle etwaigen
Sekundärkomplikationen überwunden sind, wie etwa eine Pneumonie.
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Wir suchen den Dialog mit dem Bewohner. Wir
versuchen zu ergründen, ob die Vergiftung die Folge eines Unfalls
oder eines versuchten Suizides war. Ggf. regen wir eine
fachpsychiatrische und sozialmedizinische Versorgung an.
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Wir passen die Pflegeplanung an.
Dokumente:
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Berichtsblatt
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Vitaldatenblatt
-
Medikamentenblatt
Verantwortlichkeit /
Qualifikation:
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