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Standard "Pflege
von chronischen Wunden mit MRSA-Besiedelung"
Chronische Wunden und MRSA. Schon
unabhängig voneinander sind das knifflige Pflegeprobleme. In
bereits jeder fünften Wunde jedoch treten sie kombiniert auf. Um
die resistenten Problemkeime wieder los zu werden, setzen Ärzte
und Pflegekräfte inzwischen auf Fliegenlarven und
Silberkügelchen.
Standard "Pflege von chronischen
Wunden mit MRSA-Besiedelung"
Definition:
Schätzungsweise zwei bis
drei Millionen Deutsche leiden an einer chronischen Wunde. In nahezu
allen chronischen Wunden sind Mikroorganismen, vor allem Staphylococcus
aureus, permanent vorhanden. Zumeist haben sie aber keinen Einfluss auf
den Heilungsprozess.
Rund 22 Prozent aller
chronischen Wunden sind mit MRSA besiedelt, einer Mutation des
Staphylococcus aureus. MRSA produziert ein verändertes
Penicillin-Bindeprotein und ist damit unempfindlich gegenüber allen
Beta-Lactam-Antibiotika (Penicilline, Cephalosporine und Carbapeneme).
Durch MRSA verursachte Infektionen sind daher schwieriger zu behandeln.
Senioren mit chronischen Wunden sind einem hohen
Risiko ausgesetzt. Sie leiden oft zusätzlich unter Diabetes Mellitus
oder Durchblutungsstörungen. Häufig treten Ekzeme auf, die die
Anfälligkeit erhöhen. Weitere Erkrankungen erfordern häufigere
Krankenhausaufenthalte und steigern somit das Risiko einer nosokomialen
Infektion.
Die Beseitigung von Keimen und insbesondere von
MRSA ist im Bereich einer Wunde deutlich anspruchsvoller als auf
intakter Haut.
-
In exsudierenden Wunden wird der Wirkstoff
stark verdünnt.
-
In der Wunde sind viele destruierende
(zerstörende) Enzyme aktiv.
-
Das in großen Mengen vorhandene
eiweißbasierte organische Material vermindert die Effektivität der
Wirkstoffe.
-
Keime finden in einer Wunde ein ideales
Umfeld für die massenhafte Vermehrung.
-
Es gibt zahlreiche verschiedene Keimspezies,
die untereinander interagieren. Die Wirkung von Medikamenten lässt
sich dann nicht exakt planen.
Grundsätze:
-
Wenn MRSA in einer Wunde nachgewiesen wurde,
muss dieser Keim vollständig und nachhaltig ausgelöscht werden. Dazu
gibt es keine Alternative.
-
Hygienemängel gefährden die Gesundheit der
Bewohner und unserer Mitarbeiter. Sie können daher nicht geduldet
werden.
Ziele:
-
Eine MRSA-Besiedelung innerhalb einer Wunde
wird rechtzeitig erkannt.
-
MRSA wird vollständig beseitigt.
-
Der Einsatz eines Reserveantibiotikums wird
vermieden.
-
Die Gesundheit des Bewohners wird geschützt.
Vorbereitung:
-
Wir bilden unsere Fachkräfte regelmäßig zum
Thema Wundversorgung fort und halten aktuelle Fachliteratur bereit.
-
Wir benennen einen Wundbeauftragten, der eine
entsprechende Weiterbildung erhält.
-
Wir stellen sicher, dass jede chronische
Wunde mittels eines bakteriologischen Wundabstrichs auf MRSA
untersucht wird.
-
Die Therapieform und die genutzten Präparate
werden vom behandelnden Arzt ausgewählt.
Durchführung:
Hygienemaßnahmen
-
Vor und nach jedem Bewohnerkontakt muss eine
Händedesinfektion durchgeführt werden.
-
Bei jeder Wundversorgung werden Schutzkittel
(alternativ Einmalschürze), Handschuhe sowie ein Mund-Nasen-Schutz
getragen.
-
Der Verbandswagen wird nicht mit in das
Zimmer des Bewohners genommen. Stattdessen werden die für die
jeweilige Versorgung notwendigen Materialien separat transportiert.
Alternativ können diese in kleinen Mengen auch direkt im Zimmer des
Bewohners gelagert werden.
-
Pflegeutensilien (Medizinprodukte) wie etwa Blutdruckmessgeräte
werden bewohnergebunden genutzt und nach Gebrauch desinfiziert,
verworfen oder entsprechend wieder aufbereitet. Ebenfalls
bewohnergebunden zu benutzen sind auch
Antiseptikalösungen und Cremes für den Wundrand.
-
Abfälle werden als B-Müll (AS 18 01 04)
entsorgt. Sie werden unmittelbar am Ort ihres Anfallens in
reißfesten, feuchtigkeitsbeständigen und dichten Behältnissen
gesammelt.
-
Kanülen und andere Gegenstände, von denen
eine Stich- oder Schnittverletzungsgefahr ausgeht, werden gemäß AS
18 01 02 entsorgt. Also in bruch-, durchstich- und
durchfeuchtungssicheren Behältern.
-
Vor dem Abtransport aus dem Zimmer werden
Abfall- und Medizinproduktebehälter desinfizierend abgewischt.
Polihexanid und Octenidin
-
Die Nutzung von Polihexanid und Octenidin ("Octenisept")
gilt als erste Wahl bei der Therapie von Wunden bei MRSA-Nachweis.
Beide Substanzen sind als Wundspüllösung erhältlich, Polihexanid
wird auch in Wundauflagen genutzt.
-
Die Nutzung von PVP-Jod ist zwar ebenfalls
möglich, sollte aber eher vermieden werden.
-
Octenidin ist hochwirksam auch gegen MRSA.
Ein direkter Kontakt von Octenisept mit PVP-Jod-Präparaten sollte
vermieden werden. Hautverfärbungen (braun oder violett) sind
möglich.
-
Polihexanid darf nicht gemeinsam mit
Mikrofiltern aus Celluloseacetat, Ringer-Lactat-Lösung oder
Jod-Zubereitungen genutzt werden. Auch der Kontakt mit
Alginat-Wundauflagen oder wirkstoffhaltigen Fettgazen ist zu
vermeiden.
-
Die weiteren Abläufe sind im Standard
"Wundspülung" definiert.
Antibiotikatherapie
-
Wunden, die mit MRSA besiedelt sind, werden
primär aseptisch behandelt. Eine Antibiotikatherapie ist nur dann
notwendig, wenn sich eine Wundinfektion entwickelt, eine septische
Streuung droht oder eine Ausbreitungstendenz (Phlegmone) besteht.
-
Als Reserveantibiotikum steht Vancomycin zur
Verfügung, das insbesondere für eine systemische Therapie genutzt
werden kann. Die Gewebepenetration gilt allerdings als unzureichend;
insbesondere kolonisierte Schleimhäute werden nicht erreicht. Daher
muss diese Therapie durch lokale Maßnahmen ergänzt werden.
-
Genutzt werden bevorzugt Antibiotika, die
eine gute Gewebegängigkeit aufweisen, wie etwa Rifampicin,
Fusidinsäure und Fosfomycin.
Hinweise:
-
Alternativ zu Vancomycin wird auch
Teicoplanin genutzt.
-
Rifampicin und Fusidinsäure können
Leberentzündungen hervorrufen. Daher sollten die Leberwerte
engmaschig überwacht werden. Sie dürfen zudem wegen der
Lebertoxizität in keinem Fall kombiniert werden.
weitere Maßnahmen
-
Die Nutzung von lokal appliziertem Silber zur
Beseitigung von MRSA ist noch nicht ausreichend erforscht und
dokumentiert.
-
Ggf. können steril gezüchtete Fliegenmaden
der Gattung Lucilia sericata (sog. "Goldfliege") genutzt werden
(sog. "Biochirurgie"). Die Larven werden 7 bis 11 Millimeter groß
und ernähren sich von nekrotisiertem Wundgewebe. Sie geben dazu
Enzyme in die Wunde ab, die das Gewebe verflüssigen und es so für
die Larve verdaubar machen.
-
Kleine Druckulzera oder Ekzeme mit einer
Fläche von maximal drei Quadratzentimetern können mit Mupirocinsalbe
(ein lokal applizierbares Antibiotikum) behandelt werden. Hier ist
die Gefahr einer Resistenzbildung relativ gering.
-
Vor jedem Sanierungsversuch muss die Wunde
sorgfältig gereinigt werden. Schmierige, eitrige oder nekrotische
Beläge sind zu entfernen.
soziales Leben
-
Bewohner, die unter einer mit MRSA
besiedelten Wunde leiden, müssen nicht isoliert werden. Es sind
allerdings einige Voraussetzungen zu erfüllen:
-
Der Verband muss keimdicht sein. Dieses
ist etwa bei einem trockenen Verband mit Silberdotierung der
Fall.
-
Der Bewohner ist nicht soweit dementiell verändert, dass er die Verbände eigenständig öffnet.
Nachbereitung:
-
Kontrolluntersuchungen sollten frühestens
drei Tage nach Abschluss der Sanierungsmaßnahmen begonnen werden.
Bewohner gelten als "MRSA-negativ", wenn mindestens drei negative
bakteriologische Abstriche aus vormals positiven Arealen vorliegen
und diese Abstriche in einem Abstand von mindestens 24 Stunden
gewonnen wurden.
-
Wenn es uns nicht gelingt, den Keim in einer
angemessenen Zeit vollständig zu beseitigen, wird der Bewohner in
eine geeignete Fachklinik überwiesen. Dieses ist auch erforderlich,
wenn eine Infektion auftritt.
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Alle Maßnahmen werden sorgfältig
dokumentiert.
-
ggf. wird die Pflegeplanung angepasst.
Dokumente:
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Wunddokumentation
-
ärztliches Verordnungsblatt
-
Kommunikationsblatt mit dem Arzt
-
Pflegeplanung
Verantwortlichkeit /
Qualifikation:
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